Bundesrat stimmt Änderung der Zinsen auf Steuernachzahlungen und -erstattungen zu

Bundesrat stimmt Änderung der Zinsen auf Steuernachzahlungen und -erstattungen zu

11.07.2022
Wer als Steuerzahler in Deutschland bisher Nachzahlungen an den Fiskus leisten musste, sah sich mit einer Verzinsung in Höhe von 0,5 Prozent konfrontiert – pro Monat. Was auf den ersten Blick überschaubar klingt, entsprach letzten Endes einem jährlichen Zinssatz von 6,0 Prozent. Gleiches galt für den Fall, dass Steuerzahler einen Anspruch auf Erstattungen über das zuständige Finanzamt hatten. Der Satz lag angesichts der seit vielen Jahren historisch niedrigen Leitzinsen deutlich über den Zinssätzen, die Anleger und Kreditnehmer vonseiten der Banken im Land angeboten bekamen. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte dies vor einiger Zeit bemängelt und die Politik zu einer Korrektur der bisherigen Richtlinien veranlasst. Grundlage ist dabei Paragraf 233a der Abgabenordnung (AO). Die zuständigen Richter waren im Rahmen einer Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, dass der bis dato geltende Zinssatz verfassungswidrig ist. Die Folge war eine deutliche Forderung in Richtung der Politik nach einer rechtlichen Neuregelung.

Deutliche Senkung der Zinsen für Steuerzahler ab 2019

Dieser Aufforderung des höchsten deutschen Gerichts ist der Bundesrat nun nachgekommen. Die Entscheidung des Rates sorgt jetzt dafür, dass nur ein Zinssatz von 0,15 Prozent Monat bzw. 1,8 Prozent pro Jahr zugrunde gelegt wird. Dabei handelt es sich um eine rückwirkende Änderung. Als Stichtag dient der 01.01.2019. Für Nachforderungen und Erstattungen aus der Zeit vor diesem Datum greift weiterhin die alte Regelung. Ausgangspunkt ist die turnusmäßige Prüfung der Angemessenheit der Zinsvorgaben. Diese ist im Abstand von zwei Jahren obligatorisch, wobei die Entwicklungen des relevanten Basiszinssatzes als Vergleichswert dient. Als spätest möglicher nächster Zeitpunkt für eine erneute Überprüfung ist aufgrund der zeitlichen Kriterien der 01.01.2024 vorgesehen.

Ältere Forderungen und Ansprüche sind nicht betroffen

Vor dem Hintergrund, dass die Gruppe der Steuerzahler mit Nachzahlungspflichten deutlich größer sein dürfte als jene mit einem Anspruch auf Erstattungen, kann die Änderung der Abgabenordnung einerseits und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung auf der anderen Seite durch den Bundesrat weitgehend als positive Entwicklung bewertet werden. Grünes Licht gab der Rat am heutigen Tag, dem 08. Juli 2022. Für Steuerzahler, deren Nachzahlungspflicht oder Erstattungsanspruch aus der Zeit vor dem Stichtag stammt, ändert sich nichts. Zudem gibt es einige andere wesentliche Ausnahmen. Säumniszuschläge als Resultat nicht fristgerecht geleisteter Steuerzahlungen sind ein solcher Fall. Auch Zinsen in Verbindung mit Stundungen, Steueraussetzungen oder nachgewiesenen Steuerhinterziehungen bleiben von der neuen Regelung unberührt.

Steuerzahler müssen mit neuen Zinsbescheiden rechnen

Die deutschen Finanzämter hatten nach für die Zeit seit dem Jahr 2019 einstweilen vorausschauend auf die Festsetzung von Zinsen verzichtet, um zunächst die politischen Entscheidungen im Nachgang der BVerfG-Bewertung abzuwarten und dann rechtlich verbindliche Bescheide zu erstellen. Steuerberater sprechen deshalb eine klare Empfehlung aus. Steuerzahler sollten jetzt auf die Zustellung rechtsverbindlicher Bescheide ihres Finanzamtes bezüglich der Zinsforderungen und -ansprüche vorbereitet sein. Für Empfänger sei es sinnvoll, Bescheide genau auf Korrektheit zu prüfen oder prüfen zu lassen. Dass sich Finanzbehörden bei der Festlegung irren, ist keine Seltenheit. Nachrechnen kann sich für Steuerzahler also durchaus lohnen.