BaFin: Verbraucher werden zu Negativzinsen und Verwahrentgelten befragt

BaFin: Verbraucher werden zu Negativzinsen und Verwahrentgelten befragt

19.09.2022
Die Nachrichten zur Wochenmitte vonseiten der Europäischen Zentralbank zur erneuten Anhebung der Leitzinsen stießen nicht nur in der Wirtschaft auf positives Feedback. Der EZB-Rat kündigte an, den sogenannten Hauptrefinanzierungssatz nach dem ersten wichtigen Schritt im August 2022 nochmals um 0,75 Prozentpunkte anzuheben. Das klare Ziel ist die zunehmende Eindämmung der stetig gestiegenen Inflation. Kürzlich veröffentlichte das Münchener ifo-Institut seine Inflationserwartung. Für das laufende Jahr könnte die Inflationsrate bei 8,1 % liegen. Einen weiteren Anstieg wollen die Frankfurter Währungshüter durch ihren neuen Maßnahmen so gut wie möglich verhindern. Eine positive Nachricht sind höhere Leitzinsen vor allem für Anleger. Seit Jahren erhielten Sparer nicht nur überschaubare Anlagezinsen. Sie mussten vielmehr bei vielen Banken Strafzahlen für ihr Guthaben entrichten.

Bundesfinanzaufsicht bittet Bankkunden um Erfahrungsberichte

Seit dem Frühjahr verzichten immer mehr Banken auf solche Negativzinsen. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) möchte der Stimmung der Bankkunden mit einer neu gestarteten Umfrage nun auf den Grund gehen. Unter dem Motto „Ihre Erfahrungen sind gefragt“ wird die deutsche Finanzaufsicht unter anderem auf ihrer Internetpräsenz für die Teilnahme an der Befragung. Interessenten haben hier die Möglichkeit, sich zur Lage bei Banken in Deutschland zu äußern. Die BaFin möchte in Erfahrung bringen, wie stark der Einfluss negativer Zinsen auf „normale“ Sparer tatsächlich war und ist. Dabei spielt auch die Frage eine Rolle, ob Banken Kunden trotz der durch die EZB auf den Weg gebrachten Zinswende nach wie vor Negativzinsen oder „Verwahrentgelte“ in Rechnung stellen. Wichtig für viele potenzielle Teilnehmer: Die Umfrage erfolgt vollständig anonymisiert.

BaFin interessiert sich für das Verhalten deutscher Banken

Der Behörde geht es um Informationen zur Geschäftspolitik der deutschen Hausbanken für die zurückliegenden zwei Jahre beim Thema Negativzinsen und Verwahrgebühren. Welche Banken haben derlei Kosten erhoben, wie hat sich die Lage durch die Änderungen der EZB-Zinspolitik in der Zwischenzeit geändert? Eben dies will die BaFin mit Blick auf das Zinsumfeld von Bürgerinnen und Bürgern wissen. Dass es für solche Nebenkosten inzwischen nach dem Ende der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank inzwischen keinen nachvollziehbaren Grund mehr gibt, ist allgemein bekannt. Dennoch dürfte sich die Neuausrichtung der Europäischen Zentralbank aufgrund der schwierigen Inflationslage bei manchem Institut (ganz gleich, ob Bank oder Sparkasse) erst mit einiger Verzögerung in geltenden Konditionen niederschlagen.

Verbraucherschützer begrüßen die Umfrage unter Verbrauchern

Darüber hinaus spielt jedoch nicht allein das Verhalten der Bankenbranche eine Rolle. Ebenso nämlich hat die Finanzaufsicht ein reges Interesse, zu erfahren, ob und wie sich das Verhalten (potenzieller) Anleger durch die Entwicklungen verändert hat. Ein Punkt im Rahmen der Verbraucherbefragung sind Informationen dazu, ob die Risikobereitschaft von Anlegern durch die höheren Leitzinsen gestiegen ist. Auf Wohlwollen stoßen die Initiative der Bundesanstalt unter anderem beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).

Vzbv sieht die Politik vor allem bei Provisionen in der Pflicht

Im Zusammenhang mit der positiven Reaktion auf das Interesse der Finanzaufsicht betonte Dorothea Mohn, ihres Zeichens Leiterin Team Finanzmarkt beim Bundesverband der deutschen Verbraucherzentralen, auf andere Probleme. Insbesondere auf den Nachbesserungsbedarf bei teils hohen Provisionen, die Banken Anlegern nicht selten für die reine Beratung zu Anlageoptionen auferlegen. Die Verbraucherzentralen beobachteten, so Mohn, seit Jahr und Tag eine schlechte Beratungsqualität. Grund sei explizit die häufig bestehende Kopplung der Beratungsgespräche an die Höhe von Provisionszahlungen. In diesem Punkt sehen die Verbraucherschützer einmal mehr einen erheblichen Interessenkonflikt. Die Politik müsse endlich handeln und ein Verbot für provisionsbasierte Beratung in Angriff nehmen. Als Vergleich nennt der Bundesverband unter anderem das Nachbarland Niederlande und Großbritannien. Eben dort sei man beim Verbraucherschutz längst deutlich weiter und untersage die Anlageberatung auf Basis von Provisionen.

Für wichtig hält der vzbv die Umfrage durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht als ersten wichtigen Schritt in jedem Fall. Verbraucherinnen und Verbraucher sind gefragt, damit die Behörde einen weitreichenden Einblick in die Praxis der Banken und Sparkassen rund um Negativzinsen erhält.