Neue Verivox-Analyse weist deutlichen Anstieg bei Festgeldzinsen aus

25.06.2022
Ein schönes deutsches Sprichwort lautet „die Hoffnung stirbt zuletzt“. Gerade in der aktuellen Lage auf dem deutschen Finanzmarkt dürfte sich mancher Sparer darin bestätigt fühlen, dass die Redewendung auch und gerade dieser Tage ihre Berechtigung hat. Sparer mussten bei vielen klassischen Anlageprodukten viele Jahre mit extrem niedrigen oder gar Negativzinsen vorlieb nehmen. Von steigenden Zinsen wagte lange kaum jemand zu träumen. Grund war die Zinspolitik der US-amerikanischen Währungshüter der Federal Reserve (FED) und gleichermaßen der Europäischen Zentralbank (EZB). Vor einiger Zeit gab es endlich die Meldung, auf die so viele Anleger weltweit gewartet hatten. Die FED kündigte erste Zinsanhebungen an. Die EZB kürzlich ihrerseits und versprach schrittweise steigende Leitzinsen ab dem Sommer.
Eine aktuelle Analyse der Vergleichsplattform Verivox zeigt nun: Die Zinsen im Bereich Festgeld legten schon vor Zentralbank-Meldungen spürbar zu. Enorme Renditen winken Anlegern zwar auch weiterhin eher nicht, die Entwicklung insgesamt lässt dennoch Hoffnung bei Fans klassischer Geldanlagen aufkommen.
Inhaltsverzeichnis
Erste Vorboten für bessere Zinsen bei deutschem Festgeld erkennbar
Als eine Art Vorreiter auf dem deutschen Markt sieht die Auswertung aus dem Hause Verivox im Augenblick die Creditplus Bank aus Stuttgart. Die Tochter des französischen Konzerns Crédit Agricole offeriert verzinst Feldgeld inzwischen mit immerhin 1,0 Prozent – allerdings nur bei einer verbindlichen Investition für 24 Monate und einer Mindestanlagesumme von 10.000 Euro. Denn genau auf diese Rahmenbedingung bezieht sich die Auswertung. Die Verzinsung ist weit von einem Inflationsausgleich entfernt. Dennoch ist der Schritt von großer Bedeutung für Markt. Schließlich handelt es sich um die erste Verzinsung in dieser Höhe seit genau zwei Jahren. Weiterhin sorgt die Bank damit dafür, dass der maximal mit Festgeld erzielbare Zins seit Anfang des zweiten Quartals 2022 um über 100 Prozent gestiegen ist. Es könnte die erhoffte Zinswende sein, sollten sich Mitbewerber zeitnah an der Creditplus Bank orientieren.
Sparer, die bereit sind, außerhalb Deutschlands, aber dennoch innerhalb der EU eine Entscheidung für Festgeld zu treffen, können sich in der Spitze momentan sogar 1,6 Prozent pro Jahr sichern, wie aus der Analyse hervorgeht.
Keine Zinswunder, aber Hoffnung nach EZB-Zinsentscheidungen
Ausgangspunkt der Auswertung sind Daten von etwa 800 Banken und Sparkassen, deren Zinsangebote das Vergleichsportal konstanten Kontrollen unterzieht. Wobei sich die Zahl sowohl auf Festgeld- und Tagesgeldkonten bezieht. Für Verivox-Geschäftsführer Oliver Maier zeigen die aktuellen Informationen: Die Zinswende in Deutschland erreicht langsam, aber sicher auch „normale“ Sparer. Noch im April dieses Jahres habe der Maximalzins bei zweijähriger Laufzeit im Festgeldbereich bei lediglich 0,41 Prozent gelegen. Nicht nur Creditplus hat in den vergangenen Wochen auf die (kommenden) Veränderungen der europäischen Leitzinsen reagiert. Laut Verivox winken Anlegern mittlerweile bei verschiedenen Regionalbanken ebenfalls Zinsen von 1,0 Prozent, teilweise sogar mehr. In diesem Fall jedoch handelt es sich allerdings (nomen est omen) um Festgeldkonten mit klarer regionaler Ausrichtung. So richten sich Institute im Einzelfall explizit nur an Kundinnen und Kunden „vor Ort“.
Alternativen aus anderen EU-Ländern können sich lohnen
Was den erwähnten Höchstzins von 1,6 Prozent im Ausland betrifft: Hier sind aktuell die kroatische „Banka Kovanica“ sowie die litauische PayRay Bank führend. Wer den Blick auf die deutschen Landesgrenzen nicht scheut, bekommt dort also deutlich mehr fürs Geld. Ängste vor Zahlungsausfällen sind insofern unbegründet, da Banken in der Europäischen Union ebenfalls über staatliche Einlagensicherungssystem einen Schutz garantieren müssen. Bis zu einer Sparsumme von 100.000 Euro pro Kundin oder Kunde müssen sich Sparer keine Sorgen machen. Wer auf Nummer sicher gehen will, schaut beim Thema Bonität genau hin. Das Insolvenzrisiko ist in Staaten mit guten Rating-Werten denkbar gering. Der Dienstleister Younited Credit lockt als Tochterfirma der französischen Younited SA mit einer Verzinsung in Höhe von 1,55 Prozent pro Jahr bei Festgeld. Zum Vergleich: Zum Beginn des laufenden Quartals lag der Zinssatz bei nur 0,72 Prozent.
Aussicht auf steigende Zinsen spricht gegen mehrjährige Festgeldbindung
Für Verivox steht angesichts der neuesten Entwicklungen fest, dass die EZB-Ankündigungen endlich eine Besserung für Festgeld-Sparer in Aussicht stellen. In der nächsten Zeit dürfte es weitere Anpassungen bei diversen Banken geben. Wichtig wäre dieser Trend übrigens auch deshalb, weil Aktien und Anleihen wegen des Drucks steigender Leitzinsen immer stärker unter Druck geraten. Das Nachsehen haben derweil Sparer, die eher kurzfristige Anlageziele verfolgen. Sie müssen sich in Deutschland vorerst weiterhin mit überschaubaren Zinsen von höchstens 0,2 Prozent abfinden. Festgeld mit einer Laufzeit von nur sechs Monaten bringt Anlegern maximal 0,85 Prozent. Doch auch in diesem Bereich dürften bald Änderungen folgen. Sparer, die ihre Flexibilität zum Wohle hoher Renditen aufgeben, können bei fünfjährigen Laufzeiten faktisch bis zu 2,00 Prozent p.a erreichen. Der unmissverständliche Tipp der Verivox-Experten: Sparer sollten sich in Geduld üben und keine allzu lange Bindung eingehen.
Die Lage auf dem Markt sei volatil, so Verivox-Geschäftsführer Maier. Wer sich zu lange bindet, könnte sich um deutlich höhere Zinserträge bei einer absehbaren „Zins-Rallye“ bringen. Hilfreich kann laut den Experten eine Verteilung der Ersparnisse auf verschiedene Feldgeldkonten mit unterschiedlichen Fälligkeiten sein. So können immerhin Gelder von einem Konto schon bald – bei dann höherer Rendite – neu investiert werden.